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Umgang mit Wut

Wut ist eine Emotion, die wir in unserer Wahrnehmung und Gesellschaft als negativ bewerten. Wut ist meistens eine unerwünschte, nicht gewollte Emotion. 

Aber ist Wut per se wirklich schlecht? 

Wie können wir mit unerwünschten Emotionen umgehen?

Ist es am besten, sie zu unterdrücken, zu verstecken, nicht zu fühlen?

Was wäre, wenn wir bestimmte Emotionen gar nicht fühlen müssten?

Wäre es nicht viel schöner, immer Freude, Leichtigkeit, Liebe und Glück zu empfinden?

Wut ablehnen

Wenn wir etwas ablehnen, wenn wir sagen, dass Wut eine ungewollte Emotionen ist, dann erzeugen wir Widerstand. 

Widerstand klingt so:

  • “Ich will das nicht.”
  • “Ich will, dass es weg geht.”
  • “Das ist so nicht richtig.”
  • “Ich mag das nicht.”
  • “Es soll anders sein.”
  • “Es darf so nicht sein.”

Wenn wir etwas ablehnen, zieht uns das sehr viel Energie.

Wenn wir etwas ausschließen, müssen wir Energie aufbringen, um es draußen zu lassen. Sei es durch negative Gedanken, negative Erzählungen, seien sie laut oder leise, bewusst oder unbewusst.

Wenn wir etwas ablehnen, nehmen wir uns selbst die Möglichkeit, zu verstehen, uns besser vorzubereiten, uns anzupassen und besser mit einem Umstand umzugehen. 

Ablehnung entzieht Energie, sie gibt Kraft an etwas anderes ab. Ablehnung hinterlässt uns leerer, ohne etwas zurückzuerhalten.

Emotionen sind wie das Wetter

Wie das Wetter können wir Emotionen nicht vermeiden. Sie sind Teil der menschlichen Erfahrung. Eine Gegebenheit, mit der wir in unserem eigenen Interesse lernen sollten umzugehen. Denn ob wir es wollen oder nicht, sie sind da. Sie kommen und gehen. 

Hier eine Analogie, um es etwas greifbarer zu machen. Wenn du in London bist, musst du damit rechnen, dass es regnet. Wenn du in Abu Dhabi lebst, musst du in Kauf nehmen, dass es heiß und trocken ist. Wenn du in Chicago bist, kannst du davon ausgehen, dass es kalt und windig ist. Dies anders haben zu wollen, blöd zu finden oder dich darüber zu ärgern ist sinnlos. Du änderst damit den Umstand nicht. 

So ist es auch mit Emotionen. 

Wir müssen sie nicht mögen, aber wir können lernen, besser mit ihnen umzugehen und uns Strategien anzueignen, die den Umgang mit etwas Zeit und Übung leichter machen. 

Vor allem bei negativ wahrgenommenen Emotionen wie Wut, Schuldgefühlen, Frustration, Eifersucht, Groll, Reue und Scham erscheint uns das nahezu unmöglich. 

So wie das Wetter können wir auch unsere Emotionen nicht ändern.
Aber wir können lernen, besser mit ihnen umzugehen. 

Wenn es regnet, können wir einen Regenschirm aufspannen und eine Regenjacke anziehen. Wenn es heiß und sonnig ist, können wir uns entsprechend kleiden, Sonnencreme auftragen und eine Sonnenbrille aufsetzen. Wenn es kalt und windig ist, ziehen wir warme, winddichte Kleidung an.  

Der Tag muss nicht ruiniert sein, nur weil es regnet und wir eine Aktivität draußen geplant hatten. Wenn es unsere Absicht war, Spaß zu haben und einen schönen Tag zu erleben, dann können wir uns trotz des Wetters überlegen, wie wir diesen Tag gestalten können. Vielleicht verlagern wir die Aktivitäten nach drinnen. Oder wir ziehen uns Gummistiefel an und springen in die Pfützen.

Wenn wir uns wütend fühlen, können wir uns ebenfalls an diesen Umstand anpassen. 

Wir müssen uns unserer Wut nicht hilflos ausgeliefert fühlen oder sie fürchten. 

Lehnen wir die Wut aber ab, leugnen sie oder vermeiden sie unter allen Umständen zu fühlen, dann können wir nicht lernen uns anzupassen und zukünftige Wut-Wetterlagen besser zu meistern. Wir halten uns quasi selbst gefangen. Das macht jede weitere Erfahrung mit Wut schlimmer. Weil wir uns jetzt nicht nur gegen das Erleben der Emotion sträuben, sondern uns zusätzlich erzählen, dass diese Empfindung oder die Situation, die die Wut getriggert hat, falsch ist. Da wir unsere Fähigkeiten nicht erweitert haben, scheinen wir die gleiche Sache wieder und wieder zu erleben, einschließlich der unangenehmen Wut und ihrer Auswirkungen. Ändern tut sich nichts.

Den Umgang mit Wut lernen

Es kann aber auch anders sein. Wir können lernen, unsere Emotionen zu verarbeiten, mit unserer Wut konstruktiv umzugehen. Wut ist nicht immer schlecht. Sie kann uns auch auf Umstände hinweisen, die wir ändern wollen. 

Schritt 1: Wut akzeptieren

Der erste Schritt ist, die Wut zu akzeptieren und zuzulassen, anstatt gegen sie zu kämpfen.

Ablehnung trennt. Akzeptanz schafft einen Zugang für Veränderung.

Wenn wir Wut als natürlichen Teil unserer menschlichen Erfahrung akzeptieren, welche wie das Wetter unvermeidbar ist, haben wir den ersten wichtigen Schritt geschafft. 

Wenn wir akzeptieren, dass Emotionen unweigerlich kommen und gehen, können wir uns auf sie vorbereiten. Wir können lernen, sich an sich verändernde Zustände anzupassen. 

Durch die gesamte menschliche Evolution hinweg war und ist es wichtig, dass wir uns neu ein- und ausrichten. Wir haben Feuer gegen die Kälte entdeckt, Hütten und später Häuser gebaut, Systeme entwickelt, die unser Leben vereinfachen. Wir haben gelernt, uns an Wetterbedingungen und veränderte Ernährungsweisen anzupassen. Wir müssen weite Strecken nicht mehr zu Fuß zurücklegen, fahren heute nicht mehr in Kutschen, sondern nutzen Züge, Autos und Flugzeuge. Wir müssen nicht mehr in der Region wohnen, in der wir geboren wurden, sondern können uns entscheiden, ein Leben am anderen Ende der Welt zu beginnen. Wir haben gelernt, uns in einer Welt mit Covid zurechtzufinden. 

Unsere Anpassungsgabe ist entscheidend, um in einer komplexen, sich stetig verändernden Welt zu existieren.   

Strategien zum Umgang mit Wut zu erlernen hilft uns ein friedlicheres Leben zu leben.  

Dieser Frieden beginnt in uns selbst. 

Schritt 2: Wut ausdrücken

Fühle die Wut und drücke sie aus.

Wichtig hierbei ist es, eine Strategie für dich zu finden, die weder dir selbst noch jemand anderem schadet. 

Finde eine Strategie, die weder dir selbst noch jemand anderem schadet.

Wir wollen nicht jemand anderes ungehalten anschreien, andere oder uns selbst verurteilen,oder unsere Wut in verletzender oder schädlicher Form gegen uns oder andere richten. Auch wenn Wut uns vielleicht  fühlen lässt,  dies tun zu wollen. (Dieser Beitrag geht später noch auf das Konzept von Emotionsregulation ein. bevor dies geschieht, ist es aber wichtig, die Wut zuzulassen und auszudrücken.)

Emotionen brauchen Bewegung (Englisch: motion). Sie wollen fließen, um auch wieder abfließen zu können. Wenn wir sie stoppen oder mit Kraft versuchen zurückzudrängen oder in Schach zu halten, verhindern wir diesen natürlichen Fluss.

Emotionen sind wie Wellen, die sich aufbauschen, Geschwindigkeit aufnehmen und wieder abklingen. 

Wie könnte deine Strategie zum Fühlen und Ausdrücken von Wut aussehen?

Hier ein paar Inspirationen, die weder dir, noch anderen schaden:

  • In ein Kissen schreien
  • Cross Fit, Fitnessstudio
  • Boxen (Sandsack oder im Box Studio)
  • Laufen
  • Einen Rage Room besuchen (Ein Raum in dem du geschützt Gegenstände zerschlagen kannst, um aufgestaute Emotionen zu abzulassen.)
  • Einen wütenden Brief schreiben (den du nicht abschickst)
  • In einem Gespräch mit einem Freund:in Dampf ablassen (nachdem du vorher um deren Erlaubnis gefragt hast.) 
  • Schlagzeug spielen
  • Headbanging zu lauter Musik (Kopfhörer bevorzugt)

Diese Strategien lassen dich deine Wut ausdrücken, ohne sie auf jemand anderes abzuladen. Es ist wichtig, dass du verstehst, dass deine Emotionen, deine Wut, deine Verantwortung sind. Du fühlst diese Emotion. Du kannst lernen konstruktiv mit ihr umzugehen. Es ist Niemandes Aufgabe, dich besser fühlen zu lassen, oder deine Emotionen für dich zu verändern. Das kann auch keiner, außer dir selbst. Uns darauf zu versteifen, es sei jemand anderes Schuld, dass wir uns fühlen wie wir uns fühlen, ist der Versuch, eine unangenehme Aufgabe an einen Dritten zur Lösung abzugeben. Damit geben wir unsere Macht an jemand anderes ab. Und stellen uns selbst als Opfer dar. Wir sagen damit indirekt “Ich kann das nicht.”

Ich möchte dich mit diesem Artikel ermutigen, dass du das kannst. Es mag erstmal unangenehm sein und es braucht sicher etwas Zeit und Übung. Aber es lohnt sich. Es wird langfristig für dich so viel erleichtern. Du wirst dich nachhaltig besser fühlen. Zum Beispiel weil du dich nicht schuldig fühlen musst, deine Wut an jemand anderes gerichtet zu haben und ihn oder sie im schlimmsten Fall damit verprellt zu haben.

Schritt 3: Wut verstehen

Was ist also das Gegenmittel für Wut?

Nachdem du akzeptiert hast, dass du Wut empfindest, nachdem du sie zugelassen, gefühlt und ausgedrückt hast, darfst du dir selbst etwas Mitgefühl entgegenbringen. Du wusstest es nicht besser. Jetzt versuchst du die Wut zu verstehen, die du fühlst, während du freundlich und mitfühlend mit dir selbst bist.

Es ist wichtig, den Unterschied zu verstehen 
zwischen Akzeptanz und Verurteilung, sowie 
zwischen Verständnis und Anschuldigungen, 
sowohl gegenüber uns selbst als auch gegenüber anderen.

Wut gegen sich selbst oder gegen andere zu richten, bleibt nicht ohne Folgen.  

Daher ist es so wichtig, dass wir lernen, mit ihr umzugehen. Denn wie ein Sturm oder Gewitter, können wir das Auftreten von Wut nicht vermeiden. Wir können uns aber wetterfeste Kleidung anziehen, um besser ausgestattet zu sein. 

Indem wir uns in Mitgefühl und Freundlichkeit uns selbst gegenüber üben, können wir mit Interesse und Neugierde auf unsere eigene Wut schauen und versuchen zu verstehen, woher sie kommt und was ihre Botschaft an uns ist.

Wut ist keine nutzlose Emotion. Sie mag sich nicht gut anfühlen, ok, aber sie hat eine Nachricht für uns. Wenn wir aufhören, sie als ungewollt und unnötig zu betrachten (aka Widerstand leisten), kann sie sich als nützlich erweisen. Alles im Leben hat einen Sinn, sonst wäre es nicht da. Und es ist unsere Aufgabe, den Sinn zu verstehen. Nur so können wir wachsen und reifer werden.

Es ist nicht so, wie es aussieht, sondern wie wir es ansehen. -sinngemäß, Dr. Wayne W. Dyer

Wenn wir unseren Blick etwas weiten, bereit sind, die Perspektive zu wechseln, können wir unsere Wut in einem anderen Licht sehen. 

Anstatt sie als etwas Lästiges zu sehen, das wir verstecken müssen oder wild ausleben (um es im Anschluss möglicherweise zu bereuen) können wir uns fragen, was uns so wütend macht. 

  • Ist es, was jemand zu uns gesagt hat?
  • Ist es, weil wir etwas Wahrheit in dem Gesagten erkennen?
  • Ist es etwas, das wir unschön finden und gerne anders hätten?
  • Ist es eine Ungerechtigkeit, die wir so nicht hinnehmen wollen?
  • Ist es eine Enttäuschung, weil etwas nicht so ist, wie wir es so gerne hätten?
  • Ist es Angst oder Sorge, dass wir benachteiligt werden oder etwas Wichtiges verlieren könnten?

Sobald wir herausgefunden haben, was der wirkliche Grund unserer Wut ist, können wir damit arbeiten und schauen, wie wir das Beste daraus machen können. 

Zusammenfassung

Wut ist eine normale Emotion, die zur menschlichen Erfahrung dazu gehört. Wir alle fühlen sie dann und wann. Wie wir mit unserer Wut umgehen, liegt in unserer Verantwortung. Jemand anderes zu beschuldigen oder uns zu beklagen, löst unsere Wut nicht auf. Wenn wir sie akzeptieren und uns ehrlich und mit Mitgefühl fragen, was die Botschaft unserer Wut ist, können wir von ihr lernen und positive Veränderungen in unserem Leben vornehmen.

Der Umgang mit unserer Wut und anderen Emotionen ist eine Fähigkeit, die wir lernen können. Es ist nie zu spät damit zu beginnen.

Emotionsregulation bedeutet, die eigenen Emotionen zu managen und trotz dieser angebracht auf eine Situation zu reagieren. 

Es ist unnötig und wenig hilfreich, Wut gegen sich selbst oder andere zu richten.

Genauso wenig wie wir das Wetter ändern können, können wir unsere emotionale Wetterlage verändern. Wir können uns aber vorbereiten und  lernen, uns entsprechend zu kleiden, um den Wetterbedingungen besser Stand zu halten. Also, halte deinen Regenschirm griffbereit.

Und an besonders garstigen Tagen dürfen wir auch entscheiden, lieber im Haus zu bleiben, bis sich der Sturm etwas beruhigt hat. 

Wir können nicht kontrollieren, welche Gedanken und Emotionen in uns entstehen. Wir können aber entscheiden, ob und wie wir uns mit ihnen beschäftigen wollen oder ob wir sie einfach ziehen lassen wie Wolken am Himmel. – Unbekannt 

Fragen für dich

  • Wie nimmst du deine Wut wahr?
  • Woher weißt du, dass du Wut empfindest?
  • Wo kannst du die Wut in deinem Körper spüren? (Angespannte Muskeln, schneller Herzschlag, schneller, flacher Atem, ein Stechen im Bauch, eine krause Stirn, Tunnelblick …)
  • Was tust du reflexartig, wenn du wütend bist? (Schimpfen, schreien, fluchen, lauter werden, spitze Bemerkungen machen, Türen knallen, Hupen im Auto, aggressiver Auto fahren, dich abwenden, nicht mehr mit bestimmten Personen sprechen…)

Aktionen für dich

  • Wenn du dich das nächste Mal wütend fühlst, probiere eine der oben genannten Strategien aus (Schritt 2: Wut ausdrücken)
  • Oder entwickle deine eigene Strategie die Wut fließen zu lassen (ohne dir oder anderen körperlich, mental oder emotional zu schaden)
  • Wenn die Wut etwas abgeklungen ist, frage dich, warum du so wütend warst. Was könnte die Botschaft deiner Wut sein? (Manchmal hilft es, dies auf Papier zu bringen, da wir unsere eigenen Gedanken besser sehen können und etwas Abstand zu ihnen gewinnen können.)

Was funktioniert gut für dich, wenn du wütend bist? Welche Strategien kannst du empfehlen? Teile gerne deine Antworten und Ideen unten in den Kommentaren mit mir oder schreibe an [email protected]

Alles Liebe, Deine Sinja

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